Das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften tritt am 01. November 2024 in Kraft. Künftig kann nach § 2 Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) jede Person, deren Geschlechtsidentität von ihrem Geschlechtseintrag im Personenstandsregister abweicht, gegenüber dem Standesamt erklären, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag geändert werden soll, indem sie durch eine andere der in § 22 Absatz 3 des Personenstandsgesetzes vorgesehenen Angaben (männlich, weiblich, divers) ersetzt oder gestrichen wird.
Die Änderung des Geschlechts und der Vornamen erfolgt in zwei Stufen:
- Zunächst muss die geplante Änderung des Geschlechts und der Vornamen mindestens drei Monate vor der eigentlichen Erklärung beim Standesamt nach § 4 SBGG angemeldet werden. Die Anmeldung kann mündlich bei persönlicher Vorsprache oder schriftlich erfolgen. Die Schriftform erfordert zwingend die eigenhändige Unterschrift. Eine Anmeldung per Telefon oder Fax ist somit nicht möglich. Der Schriftform gleichgestellt ist die Anmeldung in elektronischer Form (per E-Mail) nur dann, wenn das Dokument mit der qualifizierten elektronischen Signatur des Anmeldenden versehen ist. Die Anmeldung kann bei jedem deutschen Standesamt erfolgen. Zu beachten ist jedoch, dass die Erklärung nach § 2 SBGG (2. Stufe; siehe unten) beim selben Standesamt abgegeben werden muss, bei dem die Anmeldung erfolgte. Die Anmeldung nach § 4 SBGG ist bereits ab dem 01. August 2024 möglich. Entscheidend ist hier das Eingangsdatum im Standesamt. Der Verlag für Standesamtswesen wird hierfür zum 01.08.2024 auf dem Formularserver ein entsprechendes Formular anbieten, welches allerdings nicht rechtlich vorgeschrieben ist.
- Nach Ablauf von drei Monaten kann dann die eigentliche Erklärung nach § 2 SBGG gegenüber dem Standesamt abgegeben werden. Die Erklärung nach § 2 SBGG muss öffentlich beurkundet werden. Dafür ist zwingend die persönliche Vorsprache beim Standesamt erforderlich. Die Erklärung muss bei dem Standesamt abgegeben werden, bei dem die Anmeldung erfolgte (1. Stufe, siehe oben).
Für die Erklärung sind folgende Punkte zu beachten:
- Geändert werden kann die Geschlechtsangabe nur in die Begriffe „weiblich“, „männlich“ oder „divers“. Eine Änderung in andere Begrifflichkeiten (wie etwa „non-binär“, „agender“, „neutrois“, „transgender“, „genderqueer“, „genderfluid“ oder ähnliches) ist nicht möglich. Alternativ kann die Geschlechtsangabe gestrichen werden.
- Mit der Erklärung nach § 2 SBGG sind neue Vornamen zu bestimmen, wenn die bisherigen Vornamen nicht dem neu gewählten Geschlecht entsprechen. Die Änderung der Vornamen nach dem SBGG ermöglicht nur deren Anpassung an den gewählten Geschlechtseintrag. Geschlechtsneutrale Vornamen dürfen beibehalten werden, im Übrigen muss der Name das gewählte Geschlecht widerspiegeln. Soll die Geschlechtsangabe zu „divers“ geändert oder gestrichen werden, können neue geschlechtsambivalente Vornamen zu wählen.
In der Bundesrepublik existiert kein staatliches Register über die Zulässigkeit und die geschlechtsspezifische Ausprägung von Vornamen. Die Prüfung muss daher im Einzelfall erfolgen. Nach Eingang der Anmeldung nach § 4 SBGG soll eine Vorprüfung anhand der vorhandenen Vornamensliteratur und einer Internetrecherche erfolgen, ob die gewünschten Vornamen den Kriterien des Gesetzes genügen. Ggf. soll auf die Antragssteller zugegangen werden, falls der zukünftige Vorname nicht wählbar ist. Empfehlenswert ist, sich in Zweifelsfällen vorab an eine Namenberatungsstelle, zum Beispiel bei der Universität Leipzig unter https://www.philol.uni-leipzig.de/namenberatungsstelle zu wenden und dort ggf. ein Gutachten einzuholen. - In der Anmeldung können bereits Angaben zum gewünschten Geschlechtseintrag und den zu wählenden Vornamen gemacht werden, um die Verfahrensabläufe zu beschleunigen, zwingend erforderlich ist dies jedoch nicht. Aus diesem Grund sind die im Rahmen der Anmeldung gemachten Angaben auch nicht bindend.
- Die Erklärung nach § 2 SBGG wird wirksam mit Entgegennahme durch das Geburtsstandesamt. Wenn der Antragsteller nicht in eigenem Zuständigkeitsbereich geboren wurde, wird die Erklärung dem Geburtsstandesamt zugesandt. Dort erfolgt dann die Änderung der Eintragung im Geburtseintrag. Neue Geburtsurkunden können anschließend dort beantraget werden. Das Geburtsstandesamt teilt die Änderung der Meldebehörde mit, wo neue Pass- / Ausweispapiere zu beantragen sind.
- Wenn der Antragstellende nicht in Deutschland geboren wurden, wird die Erklärung wirksam, wenn Sie beim Eheschließungsstandesamt (bzw. dem Standesamt der Lebenspartnerschaft) eingeht. Ist der Antragstellende weder in Deutschland geboren noch hat in Deutschland geheiratet, wird die Erklärung wirksam, wenn sie beim Wohnsitzstandesamt eingeht.
- Wenn die Erklärung nach § 2 SBGG nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Anmeldung abgegeben wird, verfällt die Anmeldung. In diesem Fall muss eine neue Anmeldung erfolgen.
- Die Erklärung nach § 2 SBGG kann auch von ausländischen Staatsangehörigen abgegeben werden, die
– ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzen,
– eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis besitzen und sich rechtmäßig im Inland aufhalten oder
– eine „Blaue Karte EU“ besitzen. - Die Gebühr für die Beurkundung der Erklärung nach § 2 SBGG wird voraussichtlich 40 Euro betragen. Die Änderung der Allgemeinen Gebührenordnung des Landes Sachsen-Anhalt steht noch aus.
- Zum Termin für die persönliche Erklärung nach § 2 SBGG sind grundsätzlich im Original vorzulegen:
– Personalausweis bzw. Reisepass
– Geburtsurkunde
– ggf. Ihre Ehe- oder Lebenspartnerschaftsurkunde
– ggf. Geburtsurkunde von Kindern
Sachverständigengutachten bzw. ärztliche Bescheinigungen sind nicht mehr notwendig.
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